pte20080917022 Unternehmen/Wirtschaft, Handel/Dienstleistungen

AIG-Pleite abgewendet: Fed zahlt 85 Mrd. Dollar

Experte sieht das Einspringen des Staates für unausweichlich


Washington bewahrt AIG vor dem Kollaps (Foto: pixelio.de, jp567)
Washington bewahrt AIG vor dem Kollaps (Foto: pixelio.de, jp567)

Washington/New York/Frankfurt (pte022/17.09.2008/11:30) Die US-Regierung weicht von ihrem Kurs ab und rettet den kurz vor der Pleite stehenden US-Versicherer AIG. Wie die US-Notenbank Fed in der Nacht auf heute, Mittwoch, bekannt gab, wird dem zweitgrößten Versicherungskonzern der Welt ein Kredit über 85 Mrd. Dollar gewährt - im Gegenzug übernimmt der Staat etwa 80 Prozent der Anteile des Unternehmens. Wie das Wall Street Journal berichtet, stellt die Rettungsaktion eine Kehrtwende der Strategie der Fed dar, da diese noch am Wochenende eine finanzielle Rettung der bereits am Montag in Konkurs gegangenen Investmentbank Lehman Brothers abgelehnt hatte (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=080915015). Mit weltweit über 100.000 Mitarbeitern dürfte die Pleite von AIG wegen dessen Verflechtungen zu groß gewesen sein, heißt es aus Finanzkreisen. US-Finanzminister Henry Paulson betonte unterdessen, eng mit der Fed, der Börsenaufsicht SEC und anderen Regulierern zusammenzuarbeiten, um weitere Verwerfungen zu vermeiden.

"Fachleute, die den Einstieg der Fed zur Rettung AIGs hinsichtlich der finanziellen Belastung kritisieren, sind sich der Sprengkraft und dem daraus folgenden Systemrisiko nicht bewusst", unterstreicht Dieter Hein, Bankenexperte und Geschäftsführer des unabhängigen Research-Unternehmens fairesearch http://www.fairesearch.de , im Gespräch mit pressetext. Laut dem Insider seien die Belastungen für den Steuerzahler zwar nach wie vor vorhanden, eine andere Alternative gäbe es jedoch nicht. "Dass die US-Regierung bei Lehman Brothers einen anderen Weg gegangen ist, sehe ich als eine Art von Versuchsballon. Wenn nach Fannie Mae und Freddie Mac nun die AIG vor dem Zusammenbruch bewahrt wird, ist das Einspringen der Fed unausweichlich, um das Finanzsystem weiter zu stabilisieren und damit eine Abwärtsspirale zu vermeiden, die in einem Dominoeffekt enden würde", erläutert Hein weiter.

Durch das Einschreiten der Fed ist die im Vorfeld befürchtete Insolvenz des Versicherers bis auf weiteres abgewendet. Da AIG in fast allen Bereichen der Finanzwirtschaft tätig ist, über 74 Mio. Kunden zählt und als einer der größten Dienstleister der Welt in 130 Ländern aktiv ist, hätte ein Kollaps unabsehbare Folgen auf die Portfolios für Versicherungen, Banken und Fonds gehabt. Erst am Wochenende hatte man die größten Hypothekenaufkäufer Fannie Mae und Freddie Mac mit rund 300 Mrd. Dollar aus der Steuerkasse übernommen und somit vor einem ähnlichen Zusammenbruch bewahrt. Der Kredit, den die Fed der AIG nun gewährt hat, ist durch die Vermögenswerte des Versicherungsriesen abgesichert. Wie die Fed erklärt hat, besitzt das Darlehen eine Laufzeit von zwei Jahren und soll durch den Erlös aus Verkäufen von Unternehmensbereichen zurückgezahlt werden. AIG will nun die Flugzeugleasingsparte ILFC veräußern (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=080916023).

Ersten Schätzungen nach verfügt AIG über Vermögenswerte von insgesamt rund 1.100 Mrd. Dollar. Die US-Regierung hat sich auch das Recht gesichert, die Auszahlung von Dividenden auf Stamm- und Vorzugsaktien an die Aktionäre von AIG einzufrieren. US-Medienberichten nach soll darüber hinaus der Austausch des bisherigen AIG-Managements Teil des Plans der Fed sein. Zwar verfügt das Unternehmen über ein gesundes Versicherungsgeschäft, hat aber auch lange Zeit ähnlich wie die angeschlagenen Bond-Versicherer das profitreiche Geschäft mit der Absicherung für Anleihen betrieben. Dass die Situation für AIG noch gestern hoch dramatisch war, zeigt sich vor allem darin, dass der Konzern Anleihen über insgesamt 441 Mrd. Dollar abgesichert hat, wovon rund 58 Mrd. Dollar auf Papiere entfallen, die wiederum auf Subprime-Hypotheken basieren. Als Folge der US-Immobilienkrise musste man allein in den vergangenen drei Geschäftsquartalen Verluste von 18,5 Mrd. Dollar verbuchen.

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