pte20080925023 Unternehmen/Wirtschaft, Handel/Dienstleistungen

Lehman-Pleite trifft deutsche Genossenschaftsbanken

Ruf nach Regulierungen wird lauter - US-Notpaket umstritten


Auch Genossenschaftsbanken betroffen (Foto: pixelio.de, Romy2004)
Auch Genossenschaftsbanken betroffen (Foto: pixelio.de, Romy2004)

Frankfurt am Main/Leipzig (pte023/25.09.2008/12:00) Der Konkurs der US-Investmentbank Lehman Brothers trifft nicht nur die großen deutschen Kreditinstitute, sondern vor allem auch Genossenschaftsbanken. Wie das Handelsblatt heute, Donnerstag, unter Berufung auf involvierte Finanzkreise berichtet, entfallen auf die rund 1.230 Volks- und Raiffeisenbanken sowie andere genossenschaftlich organisierte Banken zwischen 500 und 700 Mio. Euro auf Lehman-Brothers-Papiere. Hinzu kommt, dass die DZ Bank mit bis zu 300 Mio. Euro zusätzlich belastet ist. Bei der Zentralbank WGZ sind es "nur" 50 Mio. Euro. Obwohl fast alle deutschen Finanzunternehmen Lehman-Brothers-Papiere in ihren Depots haben, ließ sich das Volumen bislang nicht oder nur grob beziffern. Unterdessen tobt in den USA ein Streit über das 700-Mrd.-Dollar-Notfallpaket zur Stützung der Branche. Derzeit prescht die US-Regierung mit der Idee einer Obergrenze für Managergehälter vor.

Ein prominentes Negativbeispiel einer Bank, die Geschäfte mit Lehman Brothers getätigt hat, ist die im deutschen Staatsbesitz befindliche Förderbank KfW. Diese hatte noch am Montag vergangener Woche, dem Konkurstag von Lehman Brothers, 500 Mio. Euro an das Institut überwiesen (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=080918015). Kaum größere Schäden müssen die Sparkassen hinnehmen. So liegen die Kosten für die rund 450 Institute "bei einem niedrigen dreistelligen Mio.-Betrag", zitiert der Bericht einen Insider. Viel stärker traf die Kernschmelze der Finanzwelt hingegen die deutschen Landesbanken. Ersten Schätzungen nach addieren sich die Belastungen für alle Landesbanken auf rund 1,7 Mrd. Euro. Neben der bekannt gewordenen Lehman-Belastung der HSH Nordbank mit 120 Mio. Euro (pressetext berichtete: http://pressetext.at/pte.mc?pte=080924017) sind vor allem die Landesbank Baden-Württemberg sowie die BayernLB von der Krise betroffen.

Da sich neben der Lehman-Pleite auch Merrill Lynch nur durch einen Verkauf über 50 Mrd. Dollar an die Bank of Amerika gerettet hat und die US-Notenbank den Versicherer AIG mit 85 Mrd. Dollar unter die Arme griff, stellt sich die Frage nach staatlichen Regulierungen. "Angesichts der Lage, die US-Finanzminister Paulson aufgezeigt hat, scheint es keine echte Alternative zu geben. Man muss aber anmerken, dass die 700 Mrd. Dollar für den ,Toxic Fund' nicht bedeuten, dass der Steuerzahler diesen Betrag verloren hat. Wie hoch die Verluste sind, wird man erst dann wissen, wenn die letzte Rate der Immobilienkredite, die hinter diesen Wertpapieren stehen, abbezahlt ist", sagt Bernhard Schwetzler, Lehrstuhlinhaber Finanzmanagement und Banken an der Handelshochschule Leipzig http://www.hhl.de , auf Nachfrage von pressetext. Dass der Staat für das Rettungspaket auch Restrukturierungen will, zeigt sich in den Plänen der Regierung, den Top-Managervergütungen Einhalt zu gebieten.

Erst gestern wurde bekannt, dass das FBI wegen Betrugsverdachts in 26 Fällen ermittelt. Da nun auch Goldman Sachs und Morgan Stanley zu gewöhnlichen Geschäftsbanken wurden, wird der Ruf nach weiteren Regulierungen lauter. Das noch diese Woche in Kraft tretende Notpaket stellt sich somit auch gegen Spekulanten, die als Mitverursacher der Krise gelten. "Trotz aller Fehlentwicklungen bin ich kein Freund von Verschwörungstheorien, nach der gewissenlose Spekulanten die Weltwirtschaft zum Kollaps bringen könnten. Keine Frage, dass Hedge Fonds stärker reguliert werden sollten. Auf der anderen Seite sind Spekulanten für eine funktionierende Wirtschaft unverzichtbar", meint Schwetzler gegenüber pressetext. Laut dem Insider benötige man auch weiterhin Derivate als Finanzinstrumente. "Ob diese allerdings so kompliziert sein müssen, dass selbst Bankvorstände die Risiken nicht mehr voll durchschauen, ist eine andere Frage", so der Finanzexperte abschließend.

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