pte20081218005 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Paar erhält Pfändungspapiere über Facebook

US-Juristen befürworten gerichtliche Mitteilungen im Online-Netzwerk


Gerichtsbeschluss als Facebook-Nachricht (Foto: pixelio.de/Balzer Matthias)
Gerichtsbeschluss als Facebook-Nachricht (Foto: pixelio.de/Balzer Matthias)

Canberra/München (pte005/18.12.2008/06:15) Die Zustellung von gerichtlichen Mitteilungen über Online-Netzwerke wie Facebook http://www.facebook.com ist aus Sicht von US-Juristen legitim. In Australien sorgte in den vergangenen Tagen ein Fall für Aufsehen, bei dem einem Paar die offiziellen Dokumente zur Pfändung des Eigenheims auf Facebook übermittelt wurden. Weil ein Anwalt zuvor die Betroffenen weder persönlich noch per E-Mail erreichen konnte, stellte er vor einem australischen Gericht den Antrag, die Papiere über Facebook zustellen zu dürfen. Das Gericht erteilte die Erlaubnis und so wurden die beiden im sozialen Netzwerk darüber informiert, dass sie ihr Haus verloren hatten. US-Rechtsexperten bewerten diese Form der Mitteilung zwar als ungewöhnlich, sehen darin aber keine große Sache. Wie Cnet berichtet, hätten auch US-Gerichte grundsätzlich den nötigen rechtlichen Spielraum, so vorzugehen.

Anders sieht die Situation in Deutschland aus. "So etwas käme hier nicht infrage. Offizielle Dokumente kommen immer per Post. Gerichtliche Beschlüsse werden an die Betreffenden persönlich zugestellt", erklärt Verena Eckert, Rechtsexpertin bei der IT Recht Kanzlei http://www.it-recht-kanzlei.de , auf Nachfrage von pressetext. Könne jemand zunächst gar nicht erreicht werden, werde meist die Wohnadresse ermittelt und versucht, die Papiere dann vor Ort persönlich auszuhändigen. "Es kommt zwar vor, dass Leute vorab per E-Mail informiert werden, dabei handelt es sich jedoch nie um eine förmliche Zustellung", so Eckert weiter. Denn per Mail lasse sich nicht eindeutig beweisen, dass der Adressat die Mitteilung auch tatsächlich erhalten habe. "Ein Facebook-Profil kann im Grunde von jedem stammen, man kann nicht hundertprozentig wissen, wer wirklich dahinter steckt", sagt die IT-Rechtsexpertin.

In den USA wird in der Regel zwar auch der traditionelle Weg persönlich oder per Post gewählt. Die elektronische Übermittlung von Gerichtsbeschlüssen ist aber grundsätzlich ebenfalls möglich, wenn der Adressat dem vorher zugestimmt hat. "Ich sehe keinen Grund, warum im exakten Fall das Gericht nicht für eine Zustellung per sozialem Netzwerk entscheiden sollte, solange es nach vernünftigem Ermessen darum geht, den Beklagten zu erreichen", meint Rechtsprofessor Rory Ryan von der Baylor Law School in Texas. In Australien war es bereits vor dem Facebook-Fall möglich, Gerichtsdokumente auch per SMS oder Mail zuzustellen, wenn der Empfänger anders nicht zu erreichen war.

"Ich glaube nicht, dass Facebook künftig von vielen Richtern in dieser Form genutzt werden wird, ich denke aber auch nicht, dass dies vollkommen ausgeschlossen werden muss", so Ryan weiter. Das Netzwerk wurde in den USA zwar bislang noch nicht zu einem solchen Zweck genutzt, Zustellungen per E-Mail gab es aber bereits 2006. Kürzlich ermöglichte ein Bundesrichter in Kalifornien zudem den E-Mailversand von offiziellen Dokumenten über Wikileaks. Die Richtlinien für Mitteilungen von Staatsgerichten variieren in den USA je nach Bundesstaat. In Alaska ist es zum Beispiel möglich, Mitteilungen alternativ in Zeitungen abdrucken zu lassen, wenn die klassischen Zustellmethoden nicht funktionieren.

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